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Baden-Baden Kunstsammlung Burda

Die international renommierte Sammlung Frieder Burda in Baden-Baden konzentriert sich auf die Kunst der Klassischen Moderne und der Zeitgenossenschaft; sie umfasst inzwischen fast 500 Gemälde, Skulpturen, Objekte und Arbeiten auf Papier. In ihren Anfängen vor etwa 30 Jahren entschied sich der Sammler oft aus spontaner Begeisterung für den Kauf eines Werkes, zunächst noch nicht mit dem Anspruch, eine zusammenhängende Sammlung aufzubauen. Seit etwa fünfzehn Jahren ist der Sammlungsgedanke maßgeblich; seit dieser Zeit wächst sie organisch und konsequent und mit hohem persönlichen Engagement des Sammlers.

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Frieder Burda, geboren 1936 im badischen Gengenbach als zweiter Sohn des Verlegers, Druckereibesitzers und Senators Dr. Franz Burda, verbrachte Kindheit und Jugend in seiner Geburtsstadt. Nach seiner Schulzeit in Offenburg und in der Schweiz absolvierte Frieder Burda eine Drucker- und Verlagslehre. Im Konzern seines Vaters wurde er kaufmännisch ausgebildet. Später folgte ein längerer Aufenthalt in Frankreich, wo er in einem Zeitschriftenverlag tätig war. Mehrere Jahre verbrachte er in England und in den USA, bevor er eine Druckerei in Darmstadt übernahm. Diesen Betrieb entwickelte Frieder Burda zu einer der führenden Akzidenzdruckereien in Europa. 1973 trat er als Gesellschafter für Finanzen, Beteiligungen und Verwaltung in die Burda GmbH in Offenburg ein. Nach dem Tod des Vaters 1986 entschieden sich die drei Söhne, künftig getrennte Wege zu gehen. Frieder Burda widmete sich neben dem unternehmerischen Engagement für eine Reihe von Firmenbeteiligungen verstärkt der Kunst.

Die Faszination der Farbe und der emotionalen Ausdrucksqualitäten von Malerei stehen für den Sammler im Zentrum seines Interesses an der Kunst. Aus dieser Sichtweise ist eine Sammlung persönlichen Zuschnitts entstanden, die wegweisende Positionen der Malerei im 20. Jahrhundert zusammenführt. Dabei konzentriert sie sich auf eine überschaubare Anzahl von Künstlern, die mit Entschiedenheit gesammelt werden, und von denen umfangreiche Werkkomplexe vorhanden sind.

Der deutsche Expressionismus mit Werken von Max Beckmann, Ernst Ludwig Kirchner, Wilhelm Lehmbruck und August Macke markiert chronologisch und gedanklich den Ausgangspunkt: Die krisenhaft empfundene Spannung zwischen Subjekt und Welt und das Gefühl einer grundsätzlichen Verlassenheit des Individuums führte um 1900 die Künstler des Expressionismus zu verstärktem Ichgefühl und gesteigertem Ausdrucksbedürfnis. Verbunden damit war die Suche nach neuer Ursprünglichkeit. In leuchtender Farbigkeit und rauhen, spitzen, skizzenhaft hingeworfenen Formen fanden die jungen Expressionisten die künstlerischen Mittel, die die Malerei revolutionieren sollten, und die den Künstler als prophetischen Neuerer statt – wie bisher – als Hüter der Tradition auswiesen.

Das Spätwerk von Pablo Picasso ist mit dem deutschen Expressionismus geistig eng verwandt. In seinen letzten Jahren gelangte Picasso zu einer raschen und formal reduzierten, dabei höchst strichsicheren und ausdrucksstarken Darstellung der menschlichen Figur, seiner Mimik, Gestik und Bewegung. Dieses lange umstrittene Spätwerk wird seit einigen Jahren als letzter Höhepunkt im vielseitigen Werk Picassos hoch geschätzt. Die Sammlung bewahrt einen in Deutschland fast unvergleichbar dichten Werkkomplex des späten Picasso auf. Mit dieser Schaffensperiode fühlt sich Frieder Burda persönlich verbunden: Picasso verbrachte seine letzten Jahre ab 1961 im südfranzösischen Mougins, dem Ort, an dem der Sammler seinen zweiten Wohnsitz hat, und an dem er in früheren Überlegungen die Errichtung seines Museums plante. Einen weiteren Sammlungsschwerpunkt bildet der Amerikanische Abstrakte Expressionismus mit Werken von Willem de Kooning, Jackson Pollock, Mark Rothko und Clyfford Still. Die jungen Amerikaner entwickelten im New York der Mittvierziger und frühen 50er Jahre, zunächst anknüpfend an europäische Traditionen, neue Bildkonzeptionen: Ziel war es, den Betrachter durch emotionale – und nicht intellektuelle oder erzählerische – Beteiligung ins Bildgeschehen zu involvieren. Dafür musste der Bildinhalt abstrakt gefasst werden und mussten sich die Formate in mächtige Dimensionen entwickeln.

Wie der Expressionismus der Klassischen Moderne, so wollte auch der Amerikanische Abstrakte Expressionismus der Nachkriegszeit Maltraditionen über Bord werfen, um der Malerei bisher unbekannte Ausdrucksfreiräume zu eröffnen; die Abstrakten Expressionisten schlugen mit ihren gestischen und farbchromatischen Abstraktionen nicht nur ein neues Kapitel ungegenständlicher Malerei auf, sondern schufen auch eine genuin amerikanische Kunsttradition. Im westlichen Nachkriegsdeutschland setzte sich nur kurze Zeit später das europäische Pendant, das Informel als vorherrschende künstlerische Sprache durch. Die formlose Abstraktion bestimmte die künstlerische Landschaft über nahezu 20 Jahre hinweg, bis in den 60er Jahren eine junge Künstlergeneration mit Eugen Schönebeck, Georg Baselitz und Penck, Gerhard Richter und Sigmar Polke nach wiederum unverbrauchten Bildern suchte. Es ist sicherlich kein Zufall, dass alle Genannten aus der ehemaligen DDR stammten, wo die figurativ-expressionistische Maltradition ungebrochen gültig war. Figurative Elemente spielten für die jungen Künstler eine wesentliche Rolle. Die Frage war allerdings, wie man Gegenständlichkeit glaubwürdig, d.h. zeitgemäß ins Bild setzen konnte.

In den Werken der erwähnten Künstler findet sich Figuration deshalb abstrakt gebrochen. Baselitz, beeinflusst und beeindruckt von der Malerei des Abstrakten Expressionismus, stellt seine Kompositionen seit 1969 auf den Kopf, um den Gegenstand gegenüber den malerischen Qualitäten zu neutralisieren, dabei dem Bild durch den Gegenstand aber eine gewisse Verbindlichkeit zu sichern. In Gerhard Richters Werk stehen gegenständliche und ungegenständliche Bilder von Anfang an nebeneinander; von diesen Polen aus umkreisen sie sichtbare, unsichtbare und mediale Wirklichkeiten. Ironie, Witz und Magie mischen sich in den immer wieder mit neuen Techniken experimentierenden Bildern von Sigmar Polke, auch hier in teils abstrakten, teils gegenständlichen Kompositionen. Seine Rasterbilder lösen den Gegenstand in das – hier paradoxerweise manuell erzeugte – Rastersystem massenhafter maschineller Bildreproduktion auf.

Arnulf Rainer, dessen Werk mit Tachismus und Informel in Verbindung gebracht wird, ging seit den 50er Jahren einen Sonderweg. Mit seinen gestisch-expressiven Übermalungen, in denen das Bild durch Farbe zum Verschwinden gebracht, quasi “ertränkt” wird, formuliert er seine Obsessionen von Einsamkeit und Tod. “Keine Abstraktionen”, sagt er, seien diese Werke, “sondern Verhüllung”.

In Baselitz, Richter und Polke, die zweifellos zu den international bedeutendsten Künstlern unserer Zeit gehören, und in Arnulf Rainer begegnet der Sammler Frieder Burda den Künstlern seiner Generation. Ihr Werk ist in der Sammlung besonders umfangreich vertreten und bildet ihren eigentlichen Kern.

Eine weitere Besonderheit der Sammlung liegt in der Spannung zwischen Malerei und Skulptur. So bewahrt sie wichtige Skulpturen von den als Malern bekannten Künstlern Pablo Picasso und Willem de Kooning. Eines der frühest erworbenen Werke der Sammlung, ein concetto spaziale von Lucio Fontana formuliert ein wiederkehrendes künstlerisches Thema des 20. Jahrhunderts: Das Eindringen der dritten Dimension in das zweidimensionale Bild. Imi Knoebel umkreist dieses Thema in seinen zwischen Bild und Skulptur changierenden Werken auf eigene Weise. Wichtige skulpturale Werke befinden sich außerdem von Wilhelm Lehmbruck, John Chamberlain und Louise Bourgeois in der Sammlung.

Die Sammlung Frieder Burda spannt einen Bogen über die Malerei der vergangenen 100 Jahre. Sie reflektiert in hervorragenden Beispielen ihre malerischen Aufbrüche, neu entdeckte Ausdrucksmöglichkeiten und Dimensionen, sowie kunstgeschichtliche Zusammenhänge. In den nächsten Jahren und Jahrzehnten wird sie den Entwicklungen der Kunst entsprechend weiter wachsen.

Um die Sammlung geschlossen zu halten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, entstand in Frieder Burdas Heimatstadt Baden-Baden der Neubau Sammlung Frieder Burda. Die Pläne für das 15 Millionen-Euro-Projekt stammen vom New Yorker Architekten Richard Meier. Der Neubau, dessen Eröffnung für Herbst 2004 geplant war, wird vollständig von der 1998 gegründeten Stiftung Frieder Burda finanziert und betrieben.

Im Neubau wird die Sammlung in wechselnden Präsentationen, unter immer wieder neuen Gesichtspunkten und in neuen Kontexten der Öffentlichkeit vorgestellt. Auch ein wesentlicher Teil der vorgesehenen Wechselausstellungen wird sich auf die Sammlung beziehen, so dass mit dem neuen Haus ein Ort lebendiger Betrachtung und Auseinandersetzung mit den Kunstwerken der Sammlung entsteht.

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